Wilhelm Klein, Brief von 1948 nach Feuerthal bei Hammelburg/ Mainfranken an seine Frau Anny, Inv.Nr. 3.2017.1295.3

geb. 25.07.1910 in Köln, Sanitäts-Obergefreiter, amerikanische und britische Kriegsgefangenschaft, Heimkehr 1948

Transkription zur Kriegsgefangenensendung

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Dulverton, den 2./5./48.
Mein liebstes Annyfranchen!
Nachdem ich gestern (Samstagabend) von einer
Reise, die mich diesmal nach Exeter und Exmouth
geführt hat, zurückkehrte, fand ich Deinen lieben
Brief vom 25.4. vor, über den ich mich sehr gefreut
habe, zumal er den Empfang des kl. Lebensmittel-
paketes bestätigte. Der Brief war diesmal nur 5 Tage
unterwegs, fein was? Ich kann gut verstehen, daß
es für Dich eine Enttäuschung war, zu erfahren, daß
die Einreisegenehmigung für unsere Frauen noch
nicht erteilt wird. Ja, Liebling, es wird leider alles
mit zweierlei Maß gemessen. Unter den gegen-
wärtigen Bedingungen werde ich natürlich alles
andere tuen, als mich noch einmal zu verpflichten.
Außerdem habe ich das Leben in der Gemeinschaft
derartig dick, daß ich froh bin, wenn diese Zeit
vorüber ist. Gibt man uns nicht die Möglichkeit
auch in andere Berufe hereinzukommen und
damit eine vollkommende Gleichberechtigung, so
werde ich es vorziehen, nach Ablauf dieses Jahres
nach Deutschland zurückzukehren, ganz gleich,
wie es aussieht. Verhungern werden wir dort
auch nicht, wenn wir zusammenhalten und
wenn wir auch nur 2 Zimmer haben, so wollen
wir uns vorerst damit begnügen. Besteht
natürlich eine Möglichkeit, daß wir nach
Übersee gehen können, so werde ich das

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vorziehen. Ich sehe vollkommen ein, daß ich
mich, wie Du meinst, entschließen muß, denn
dieses hin und her geht auf die Dauer nicht.
Hatte immer gehofft, daß die Bestimmungen
bezgl. Einreisegenehmigung gelockert würden aber
allem Anschein nach ist irgendein Haken,
warum man die Einreise der Angehörigen ver-
hindert. Vielleicht liegt es auch an der momentanen
Spannung zwischen Ost und West.
Mit dem Urlaub ist es leider so, wie Du schreibst, ob-
schon man uns im Januar im brit. Rundfunk einen
Urlaub nach Deutschland zugesagt hatte. Man wird,
wie gesagt, immer mit Versprechungen gespickt.
Na, diese 8 Monate gehen ja nach so langem warten
auch noch vorüber und dann müssen wir halt
sehen, was wir machen. Es ist eigenartig, daß Frankreich
so großzügig mit den ehem. Kriegsgef. ist, immerhin
anerkennenswert. Es ist sehr lieb von Dir, daß Du
meine Garderobe und Wäsche sorgfältig behandelst,
denn wenn ich wieder nach D. komme, werde ich
jedes Teil wohl notwendig gebrauchen. Werde mir,
wenn ich jetzt meine weiteren Kleidungsstücke bekomme,
noch 2 Oberhemden anschaffen, denn diese benötige
ich wohl am dringendsten. Auch 1 Paar Schuhe
muß ich mir noch anschaffen, da ich nur 1 Paar
neue Schuhe besitze. Ich habe zwar bei Dir noch
einige Paar aber immerhin sind auch Schuhe
ein wertvoller Artikel. Kannst Du mir vielleicht
einmal mitteilen, was ich noch an Garderobe
und Schuhen im Besitz habe, damit ich mir

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hier das notwendigste noch anschaffen kann.
Vielleicht benötige ich auch noch 1 Mantel?
Wie steht es mit Deiner Garderobe? Bist Du noch
mit allem eingedeckt oder woran fehlt es Dir?
Ich könnte versuchen, Dir das fehlende eventuell
getragen in gutem Zustand zu besorgen, denn
Kleiderpunkte kann ich nicht genügend auftreiben,
während man hier und da getragene Sachen
punktfrei bekommen kann.
Wie würde es mit einer Anstellung für mich aus-
sehen, wenn ich Ende des Jahres zurückkehren
würde? Schreibe mir ruhig einmal offen darüber,
denn es hat ja keinen Zweck, mit etwas hinterm
Berge zu halten. Mit englischen Sprachkenntnissen
und einer guten Referenz von Amerika und
England müßte man doch eigentlich, ungeachtet,
ob man einmal Kg. [?] war, eine Anstellung finden
und wenn es bei der Militärverwaltung wäre.
Vielleicht kannst Du Dich einmal so hinten-
herum erkundigen oder kann Clemens einmal
irgendwie Auskunft einholen, ohne Namen usw.
zu nennen. Wie geht es übrigens Clemens und
Franzi? Es war nett von Franzi, Dir einen Besuch
abzustatten. Bitte grüße sie unbekannterweise
recht herzlich von mir.
Nun will ich schließen, Dir alles Liebe und
Gute wünschend auf ein hoffentlich baldiges
Wiedersehen
Dein Dich liebender Mann Willy
Bitte Herren Pfarrer u. Familie sowie Deine Lieben
recht herzlich von mir zu grüßen.