Werner Jäger, Brief von 1946 nach Hannover an seinen Vater, Mutter und Großmutter, Inv.Nr. 3.2009.2221.1

Oberfähnrich, französische Kriegsgefangenschaft, Heimkehr vermutl. 1948

 

 

Transkription zur Kriegsgefangenensendung

1.7.
Liebe Mutti, Vati und Omi! Mir geht’s gut. Nur Zivilbriefe vom
23.IV., 12.V. und 26.V. erhalten. Mein Gehalt musstet Ihr in Deutsch=
land empfangen. Ich habe nur Wehrsold bekommen. Ich bekomme
jeden Monat 2 Briefe und 2 Karten zum schreiben. 1 Brief an
Euch, 1 an Helga und die Karten an Kameraden von NSK.
Aber bis jetzt auch noch keine Nachricht. Ich habe fast nur Zivil-
post von Euch erhalten. Ihr schreibt nun, dass ich abends
bei schönem Wetter mal rausgehen soll. 1. Muss schönes
Wetter sein. Seit Februar, wo schon Sommerwetter war,
ist kein guter Tag mehr gewesen, immer bedeckt und viel,
viel Regen. Jetzt ist es noch kalt wie im Herbst. 2. denkt man
hier anders über abendliche Spaziergänge. Ich habe einen
gemacht ja, aber er ist zum traurigsten Tag meines kurzen
Lebens geworden. Ich bin abends losgegangen weil ich mal
wieder vor Aufregung über unsern lieben Bauern nicht schlafen
konnte (Was leider öfter vorkommt, aber wohl die längste
Zeit gedauert hat.) Als ich zurückkam hat man mich mit
“Salut” begrüsst, wollte mir einen Genickschuss geben, wie wahn-
sinnig auf mir rumgetrommelt und vieles mehr. Schlimmer
kann es im sagenhaften Buchenwald oder Dachau, wo
man Leute hinbrachte, die deutschen Soldaten die Kehle
mit Rasierklingen durchschnitten, auch nicht ge=
wesen sein. Macht Euch nun keine Sorgen. Mir geht es
sehr gut. Nun Ihr Lieben an alle herzliche Grüsse Werner