Albrecht Robertson, Brief von 1942 an seine Mutter Constanze, Inv.Nr. 3.2014.2179.3

Zivilinternierter in Indonesien und Indien, niederländische und britische Gefangenschaft

Transkription zur Kriegsgefangenensendung

Frau Constanze Krauss
Ratheburg i/ Lauenburg
Ropersberg 20
Albrecht Robertson
Civil Internment Camp Deoli
c/o G.P.B. Bombay/ India
den 30. September 1942
Meine liebe Mutter,
Vor 2 Tagen erhielt ich Deinen lieben Brief No 4a [?] vom 20. Juli, und ich danke Dir recht
herzlich für Deine lieben Zeilen. Es ist ja leider sehr bedauerlich, daß sozusagen bis Ende
Juli noch garkeine Nachricht von mir bei Euch eingetroffen ist. Jedenfalls, liebe Mutter,
bis zum Weihnachtsfeste wird eine Nachricht wohl in Deine Hände gekommen sein.
Gesundheitlich fühle ich mich ganz wohl jetzt, nachdem ich ja vor ca. 5 Wochen
den Blinddarm mir herausnehmen ließ. [Zensur]
Vor 1 Woche erhielten wir alle ein Sammeltelegramm unserer Ehefrauen
aus Japan. Es war ein gemeinsamer Text aufgesetzt worden betr. Wohlergehen, Zu-
versicht, Unterbringung: Privat, Volksgenossen oder eigene Häuschen und dann
die Grüße wie: Jeannette an Albrecht Robertson etc. Du kannst Dir kaum vor-
stellen was dieses Telegramm für eine Freude ausgelöst hat, da es ja das erste
Leenszeichen unserer Frauen an uns war. Post erhielten wir ja bisher nicht,
und so habe ich auch seit längerer Zeit nicht mehr nach Japan geschrieben. Ich
bitte wohl Vater in jedem Brief, meine Grüße etc. per Rote Kreuzbrief resp. per
Radio-Anruf weiterzugeben. Dieses scheint der einzige Weg zu sein, um meiner
Jeannette ein Lebenszeichen zukommen zu lassen. Wo Jeannette wohnt, ob sie
eine Stellung hat, etc. hat mir Vater leider auch noch nicht berichtet, wohl
aus Mangel an Unterlagen. Letzte Nachricht war von Jeannette aus Omori vom
vorigen Jahre. Ob sie sich dort noch aufhält, weiß ich nicht. Meinen Geburtstag
habe ich ganz prosaisch verlebt am vergangenen Sonntag. Keinen Glückwunsch
erhalten, da niemand etwas davon wußte. Zufällig gan unsere Lagerkapelle am
Abend ein Konzert, sodaß ein wenig festliche Stimmung mich erfüllte (wenn auch
sehr spät erst). Ich kann mir denken, daß Euch das Landleben gefällt, wenn Ihr
auch viel Arbeit habt mit dem Garten und dem Haus. Wie sich die Zeiten und
der Geschmack doch wandeln. Gartenarbeit gehörte ja nicht zu Deinen stärksten
Seiten, liebe Mutter. Frecher Bengel wirst Du jetzt wohl denken oder sogar zu
Herbert sagen. Dagegen hilft dann ein Lächeln. Und für Dich wirst Du denken
“was versteht so ein 1-Tage Ehemann scho von uns Frauen”.
[Rückseite]
Zum Weihnachtsfeste und zum neuen Jahre sende ich Dir und Herbert meine
allerherzlichsten Grüße und Wünsche. Gesundheit und baldiges Wiedersehen mit Euch
sind meine Wünsche für Euch.
In herzlicher Liebe verbleibe ich für heute, liebe Mutter
Dein Dich liebender Sohn
Albrecht.